Die Wollfarm „Hillwood“ liegt mitten in der Great Dividing Range von New South Wales und erstreckt sich zu beiden Seiten des Flusses Tarlo unterhalb eines Gebirgskammes, auf dem sich heimische Waldflächen befinden. Das Anwesen wurde 1907 durch den Urgroßvater von Richard Hayes erworben. Seit über hundert Jahren hält man hier Merinoschafe. Diese Merinoschafe, die besonders feine Wolle abwerfen und recht klein sind, haben sich inzwischen perfekt an die Gegend hier angepasst.
Richard ist einer der fünf Söhne von Terry und Cecily Hayes. Als er und seine Brüder mit der Schule fertig waren, wurde ihnen greaten, sich eine Karriere jenseits der Farm aufzubauen, weil „Hillwood“ nicht alle fünf Jungen ernähren könne. Richard schlug daher eine Laufbahn in der Agrarforschung ein, wo er den Anbau von Getreide und Weidepflanzen studierte. Heute arbeitet er für das New South Wales Department of Primary Industries. In dieser Funktion betreibt Richard eine Reihe von Versuchsstandorten im ganzen Land, an denen er Weidepflanzen und Böden untersucht, um den Farmern vor Ort dabei zu helfen, neue Möglichkeiten zur Ertragssteigerung zu finden. Hauptsächlich fokussiert er sich dabei auf mehrjährige Leguminosenarten wie Erdklee und Serradella, die er auf ihre Fähigkeit hin testet, sich an die Bedingungen auf Dauerweiden anzupassen.
In Australien liegt der jährliche Niederschlag für den Großteil der Flächen, auf denen Merinoschafe weiden können, im geringen bis mittleren Bereich. Außerdem sind die Weideflächen sehr weitläufig. Feinwollige Merinoschafe gedeihen in diesen Gegenden, da sie hier reichlich Weidefutter vorfinden und dank des geringen Niederschlags ihre Wolle nicht durch übermäßige Feuchtigkeit geschädigt wird. Der Nachteil dieser Gegenden für die Schafzucht besteht darin, dass der Niederschlag sehr unbeständig ist. Wenn die Weidepflanzen diese Bedingungen überleben und die Schafe fortwährend mit Nährstoffen versorgen können sollen, müssen sie Trockenzeiten aushalten können.
Mehrjährige Weidepflanzen sind für diese Landschaft gut geeignet, da sie sich Jahr für Jahr erneuern und die Fähigkeit haben, Ressourcen opportunistisch zu nutzen. Dank ihrer Wurzelstrukturen sind sie in der Lage, sobald sie Regenwasser aufnehmen, zu wachsen. Diese mehrjährigen Weidepflanzen sind zwar robust, versorgen die Merinoschafe jedoch nicht mit allen notwendigen Nährstoffen. Obwohl man mittlerweile sogar einige exotische Arten eingeführt hat, fehlt es der extrem alten Erde Australiens an wichtigen Mineralien und Stickstoff, die das Wachstum nährstoffreicher Weidepflanzen fördern. Hinzukommt, dass das Klima in den letzten Jahrzehnten unberechenbarer geworden ist und viele Teile Australiens extremen Wetterbedingungen ausgesetzt sind. Weidepflanzen zu finden, die auch bei unbeständigen Regenfällen, einem unberechenbaren Klima und der alten Erde Australiens überleben können, stellt viele australische Schafzüchter vor immense Herausforderungen.
Forschungsarbeit, wie die, an der Richard beteiligt ist, hilft den Schafzüchtern, die Weidefutterpflanzen zu verwenden, die zur jeweiligen Umwelt passen. Nährstoffreiche, mehrjährige Leguminosen wie Klee oder Serradella haben viel Potenzial, die Nährstofflücke in den ländlichen Gebieten Australiens zu schließen. In diesen Gebieten gibt es bereits mehrjährige Leguminosen, die das Vieh reichhaltig mit Nährstoffen versorgen. Da das Klima aber zunehmend unberechenbarer wird, sind mehrjährige Arten deutlich besser geeignet, dieser Wechselhaftigkeit zu trotzen. Deshalb beschäft sich Richard in seiner Forschungsarbeit auch mit einer großen Vielfalt an mehrjährigen Klee- und Serradellaarten.
Leguminosen sind nicht nur eine sehr gute Nährstoffquelle für die Schafe und das Land, sie haben gegenüber anderen Arten auch den Vorteil, dass sie während ihres Wachstums die Bodenqualität verbessern können. Leguminosen haben die einzigartige Fähigkeit, dank ihrer symbiotischen Beziehung zu Rhizobien Stickstoff zu nutzen. Diese Knötchenbakterien leben in den Wurzelknöllchen der Leguminosen und fixieren Stickstoff, den die Pflanze dann für ihr Wachstum nutzt. Wenn die Pflanze stirbt, wird dieser Stickstoff freigesetzt, düngt den Boden und steht dann anderen Pflanzen zur Verfügung. Richards Arbeit besteht darin, die Verwendung dieser Leguminosenarten in den ländlichen Gebieten Australiens näher zu untersuchen, um Nährstofflücken, die im Laufe eines Jahres auftreten, zu schließen und dabei gleichzeitig die Bodenqualität zu verbessern. „Wenn wir eine mehrjährige Hülsenfrucht haben, die jederzeit auf Regenfälle reagieren kann, haben wir eine bessere Chance, mehr Stickstoff in der Erde zu fixieren. Dadurch besteht die Chance auf ein effizientes Produktionssystem“, erklärt Richard.

Vieles von Richards landwirtschaftlichem Wissen wurde von der Familie in „Hillwood” umgesetzt. So werden beispielsweise diverse Leguminosen und Futterpflanzen angebaut, die in dieser Gegend gut gedeihen. Für die Verbesserung der Bodenqualität hat die Familie Hayes auch ein System der Rotationsbeweidung eingeführt. Sie haben das 2000 Morgen große Anwesen in ca. 40 Weiden aufgeteilt, auf denen die Schafe dann jeweils in Rotation acht bis zwölf Wochen lang weiden. Dadurch haben die Schafe ständig frisches Futter, während die übrigen Weiden Zeit haben, sich zu erholen.
Als Terry sich mit 70 zur Ruhe setzte, beschloss die Familie, dass man die Farm auf keinen Fall verkaufen werde, auch wenn er sie nicht mehr leiten konnte, denn dafür liebten alle „Hillwood“ viel zu sehr und außerdem wollten sie erleben, wie ihre Kinder auf einer Familienfarm groß werden, genau wie sie. Der sich daraus ergebende Nachfolgeplan ermöglicht es Terry und Cecily, sich auf dem Land zur Ruhe zu setzen, während die fünf Brüder das Geschäft führen. „Die Farm ist das, was meine Brüder und ich gemeinsam haben. Wir machen nicht oft zusammen Sport. Wir haben auch nicht viele gemeinsame Interessen, aber hier bei der Arbeit auf der Farm ziehen wir an einem Strang und wir verstehen uns“, erklärt Richard. Alle fünf Jungen und ihre Familien besitzen mittlerweile Anteile am Familienanwesen. Sie arbeiten Hand in Hand, um die großen Aufgaben zu erledigen, und verteilen die Arbeitslast, die ihre Merinoschafe mit sich bringen, nach ihren jeweiligen Fähigkeiten.
Ein solcher Generationswechsel ist nicht einfach und viele Familienbetriebe werden verkauft, wenn die ältere Generation die Leitung der Farm aufgibt. Die Familie Hayes hat diesen Wechsel durch ihre Einstellung zur Schafzucht erfolgreich gemeistert. „Wichtig ist, dass wir die Arbeit in der Branche langfristig sehen“, so Terry offen. „Wir sind seit über 100 Jahren hier und betrachten unser Engagement, sei es in der Schafzucht, sei es in unserer Landwirtschaft oder in der Entwicklung der Infrastruktur vor Ort, als langfristiges Engagement. Ich denke, wenn einem dieses langfristige Denken gefällt, dann kann einem die Schafzucht ganz gut etwas einbringen.“